Sonntag, 1. Februar 2009

Sprachliche Unterdrückung von trans* Männern

Blogger ReLaxed hat in seinem Blog My-Dentity, angeregt durch eine kurze Diskussion in meinem Bericht über die UN-Anhörung ein Phänomen angesprochen, das nicht zu übersehen ist:

Sobald über Transsexualität und Transgender gesprochen wird, geht es fast ausschliesslich um trans* Frauen.

In meinem Blog kann ich es ja noch damit verteidigen, dass ich nur das Thema nur aus meiner Perspektive, also der einer transsexuellen Frau, beurteilen kann.

Liegt es an der scheinbaren Unsichtbarkeit von Transmännern oder folgt diese daraus?

Schaut man sich die Medienberichterstattung in letzter Zeit an, so sind dort mehr Transmänner als Transfrauen aufgetaucht.

Balian Buschbaum machte Schlagzeilen, da er für seine Transition erst einmal seine sportliche Karriere aufgeben musste.

Thomas Beattie kam wegen seiner Schwangerschaft als "erster Schwangerer Mann" in die Medien.

Und in der Schweiz machte Alecs Recher einige Schlagzeilen als erster transsexueller Politiker (einige Politikerinnen mit der Eigenschaft gibt es bereits in der Schweiz)

Auf der Seite der transsexuellen Frauen fällt mir da nur Lorielle London ein.

Mangelnde Öffentlichkeit ist also nicht die Ursache. Ab hier sollten meine Überlegungen als Diskussionsgrundlage verstanden werden:

Die Ursache liegt darin, dass unserer Gesellschaft tief, sehr tief immer noch im Patriarchalen verwurzelnden Sichtweise von den Wertigkeiten der Geschlechter vorherrscht.

Tatsächlich gelten Männer und als typisch angeblich männlich definierte Eigenschaften als das Rollenmodell.

Dazu gehören:
Selbsbewusstsein, Karrierestreben, Agressivität, Risikobereitschaft, Logik

Betrachtet man als typisch weiblich angegebene Eigenschaften, so sind dies:
Bescheidenheit, Fürsorglichkeit, die Bereitschaft zurückzustehen, Brav sein, Mütterlich sein und auf der anderen Seite ein Hang für verschönernde Massnahmen und Ausübung von Macht durch Sex.

Selbst der Feminismus der zweiten Welle hat sich daran bedient und hat nie versucht, eigentlich positive Eigenschaften hervor zu heben, sondern Frauen zu besseren Männern zu machen, in ihnen all die männlich typisierten Eigenschaften zu fördern und die typisch weiblich genannten abzuwerten, ja Frauen, die sich für eine eigene Famillie entschieden sogar regelrecht als "Überläuferinnen" stigmatisiert. Das Idealbild dieser Form des Feminismus ist die lesbische Butch. Streng nach ihrem Held John Money ist Geschlechtsidentität für sie ein Teil vom Gender - dem sozialen Geschlecht und eine Folge davon, das Mädchen und Jungs vom ersten Augenblick an anders behandelt werden. Ob jemand Frau oder Mann ist, ist deshalb eine Frage der Zuordnung bei der Geburt - und ändern lässt sich das nie mehr.

Diese zweite Welle des Feminismus hat viel mehr Einfluss gehabt, als man gemeinhin glaubt, sie hatte sogar Einfluss auf die Forschung.

""...vor nicht allzu langer Zeit war die Beschäftigung mit Geschlechtsunterschieden in der Psychatire, Neurologie und Psychologie weitestgehend verpönt. Beschäftigte man sich mit ihnen, schienen ihr Vorhandensein und ihre Richtung etwas Beliebiges an sich zu haben. Geschechtsunterschiede durften nämlich nur Resultate der Sozialisation sein und galten daher grösstenteils als rein historisch-gesellschaftliche Produkte..."
Aus dem Geleitwort von "Gehirn und Geschlecht" (ISBN 978-3-540-71627-3) (Siehe Körperliche Ursachen der Transsexualität)

Diese Bevorzugung des Männlichen sorgt dafür, das transsexuellen Männern viel Verständnis entgegengebracht wird, auch dies aus den falschen Gründen geschieht. Im Feminismus werden sie als "Verräterinnen" betrachtet, die sich auf diese Art männliches Privileg direkt abholen statt gemeinsam mit anderen Frauen darum zu kämpfen. Und für den Rest der Gesellschaft ist es fast wie eine Aufwertung, ein Karriereschritt, denn irgendwie ist allen klar, dass es ja besser ist, ein Mann zu sein. Das Thema ist letztlich nicht so kontrovers.

Schnell deutlich wird diese Hierarchie auch, wenn man folgendes Phänomen betrachtet:

Eine Frau im Armani Anzug, weissem Hemd und Kravatte reicht kaum um das lüpfen einer Augenbraue hervor zu rufen.

Hat eine männlich aussehende Person dagegen ein Kleid an, wird dies als Persiflage einer Frau betrachtet.

Und hier liegt der springende Punkt. Eine transsexuelle Frau wechselt von einer priviligierten Position in eine unpriviligierte, das erzeugt bereits Unverständnis, das schnell dadurch rationalisiert wird, dass ein Mann es solcher nicht geschafft hat und als absoluter Verlierer lieber ins Lager der Frauen zieht, wo er besser hin passt. Zur Zeit ist definitiv zu beobachten, wie sich dieses Bild in der Gesellschaft ausdrückt. Aus Sicht des Feminismus ist das ganze sexuell und machtorientiert Motiviert, ein Mann will einen Frauenkörper ganz für sich alleine, um diesen wieder und wieder Benutzen zu können. Dann kommen noch Kastrationsängste im Spiel. Obwohl, zynisch ausgedrückt transsexuelle Männer mehr von ihrem Körper abgeben müssen, dreht sich alles um den Verlust des Phallus.

Und so kommt es, dass in Diskussionen um Transsexualität immer die Transfrauen, als Persiflage auf Frauen, als potentielle Vergewaltiger und Spinnerte angesehen werden, und das Thema komplett in die Ecke der transsexuellen Frauen rutscht, die, falls sie überhaupt Mitdiskutieren, nur noch aus einer Verteidungshaltung argumentieren und dabei kaum noch die Transmänner mit nehmen.