Samstag, 21. Februar 2009

Feminismus und Transsexualität

Eine der Grundtheorien der radikalen, sozialen Feminismus ist die Trennung zwischen Sex und Gender. Sex als Körperliches Geschlecht sei als einziges gegeben, Gender, die Auswirkungen des Geschlechts im Alltäglichen Leben aber ausschliesslich eine Folge der Gesellschaftlichen Umgebung.

"Sex is not destiniy" ist ein der wichtigsten Aussagen.

Das es eine angeborene geschlechtliche Identität gibt, die ja dann im Sex und nicht im Gender zu verorten ist, und entsprechende Forschungen in diese Richtung werden abgelehnt, nicht wenige meinen auf Grundlage der selben Theorien, das auch die sexuelle Orientierung "erlernt" ist.

Die alles einnehmende Rolle des Gender als sozialle Rolle, Rollenverhalten und Identität führt dazu, dass man Transsexuelle nicht als das sieht, was sie sind - ist doch ein entsprechendes Kind von vornherein im Geburtsgeschlecht behandelt wurden und kann sich eigentlich nur zum zugewiesenen Geschlecht hin entwickeln, wer dann das Körpergeschlecht wechseln will muss entweder sexuell motiviert (Transfrauen) oder durch die Verlockungen männlichen Privilegs (Transmänner) verführt worden sein. Oder anderst ausgedrückt, Transsexuelle können nur Verrückte sein, die von ihrem Vorhaben abgebracht werden müssen, ärztliche Massnahmen sind Verstümmelungen, vor denen diese armen Irren geschützt werden müssen - schliesslich weis man es als Feministin ja besser.

Ich dachte eigentlich lange, diese extreme Form des Feminismus wäre ausgestorben, aber wenn ich mir Berichte um Bemühungen im Gender-Mainstreaming ansehe, so sind diese of voll von der Vermischung von Geschlechtsidentität und Gender. Besonderst deutlich wird das hier in einem Bericht von "THE THING" Hamburg , "Freiheit in Unfreiheit" wird dies deutlich:

Für trans- und intersexuelle Menschen könnte dies bedeuten, die praktizierten Heilbehandlungen und gesetzlichen Vereindeutigungszwänge, die physische und psychische Verletzungen zur Folge haben, anzuklagen und zukünftig zu verhindern.

Zwar wird es Intersexuelle freuen, wenn gegen Zwangsbehandlung und Vereindeutigungszwänge gehalten wird, folgt man jedoch dem Argument so werden auch spätere, von manchen betroffenen Intersexuellen gewünschte Behandlungen dann Verboten.

Die Gendertheorie lässt den Gedanken nicht zu, dass es keine gesellschaftlichen Zwänge sind, die femine Männer zur Frau machen sondern diese als Frauen geboren wurden und einen ansonsten Männlichen Körper als regelrechte Verstümmelung betrachten (und umgekehrt) und dafür Heilung suchen, die nur die Medizin bieten kann.

In den letzten Tagen war ich viel in den Kommentarsektionen einiger Blogs unterwegs um mir ein Bild zu machen.

Nach ganz besonderst heftiger Verunglimpfung gegenüber Transsexuellen braucht man nicht lange zu warten.
Im Blogbereich sind dies m Andrea mit ihrem Blog Feminazi, Cheryl Lindsey Seelhoff aka Heart und auch sehr Aktiv beim Hetzen: Dirt.

Aus dieser Ecke kommen meist Anschuldigungen, Transfrauen seien geisteskranke Männer, mit denen sie nichts zu tun haben wollen, geschweige denn sie in reinen Frauenbereichen wie Frauenhäuser, Toiletten oder Ähnlichem zu haben.

Ja, solange transsexuelle Menschen auch von der Medizin wider besseren Wissens einfach zu Geisteskranken erklärt werden, kann man nur noch mit den körperlichen Ursachen argumentieren - und stösst damit bei sozialen, radikalen Feministinnen damit natürlich auf taube Ohren.

In den Printmedien ist Julia Bindel sehr lautstark und fordert "Talking Therapies" (Gesprächstherapien) statt Operation (was nur zeigt, wie wenig sie über TS und die Behandlung weiss).

Aber die meisten Feministinnen in den Blogs waren doch etwas weniger ablehnend, eines zieht sich aber durch jede Diskussion - die Annahme das Transfrauen Männer sind, die Frauen werden wollen (und es natürlich nie sein können) und umgekehrt.

Allerdings bleibt auch zu sagen, dass der Grundton im allgemeinen etwas freundlicher ist. Trotz allem findet man einfach viel Widersprüchliches, insbesondere wenn über Transfrauen und warum sie in Wahrheit Männer sind, offen nachgedacht wird.

Zum Beispiel wird dann ganz schnell die eigentliche Grundhaltung über Bord geworfen, dass Gender unabhängig vom Sex ist:

- Transfrauen hatten nie die Erfahrung von Monatsblutuungen

Richtig, und manch andere Frauen auch nicht.

- Nachdem ich das Neugeborene meiner Schwester im Arm gehalten hatte, hatte ich so ein ziehen in meiner Gebärmutter.

Würde das nicht bedeuten, dass hier über ein angeborenen Instinkt gesprochen wird? Den transsexuelle Frauen übrigens gar nicht selten auch haben?

In die selbe Richtung geht ein anderer Beitrag (135. Kommentar zu diesem Post)

MTF transeccuals therefore have a different growing up eccsperience, whether or not they were ever fully embraced or ‘rewarded’ as males. How did they ’see’ themselves, neccst to girls and women? Does a kind of ‘dominant’ or ‘I am central’ idea of self survive transition, and will it impact on a WBW gathering?

MTF Transsexuelle haben also andere Erfahrungen während sie aufwachsen, ob oder ob sie nun nicht vollständig als Männlich wahrgenommen oder belohnt wurden. Wie haben sie sich selbst "gesehen", unter Frauen und Mädchen? Überlebt eine "Dominante" oder "Ich bin der Mittelpunkt" Haltung des Selbst die Transition, und hat es einen Einfluss auf ein WBW (Womyn born Womyn, d.h. Frauen als Frauen geboren) Treffen?

Das ist extrem harter Tobak. Ich muss dafür vielleicht mal weiter ausholen. Schon als Kleinstkinder neigen wir dazu uns an Personen gleichen Geschlechts zu orientieren - und das sind im Falle von Transfrauen andere Frauen. Die blosse Idee, ich könnte mich, wenn ich mit meinen Freundinnen gespielt habe, jeh für was besseres gehalten haben, ja sogar anzunehmen, das müsse ganz Selbstverständlich so sein ist eine ziemlich bösartige Unterstellung. Aber das ist genau, was gemeint ist, wenn gesagt wird, Transfrauen hätten männliches Privileg genossen und könnten deshalb keine vergleichbaren Erfahrungen wie Frauen gemacht haben. Ich habe im Berufsleben von männlichem Privileg Profitiert, ja, allerdings nie auf eine Art, dass ich einer anderen Frau geschadet habe. Ich habe es im Gegenteil genutzt um anderen Frauen zu helfen, schliesslich war und bin ich froh um jede Frau in diesem Berufszweig, auch gerade deshalb weil dieser schöne Beruf Frauen oft auf subtile Weise vergällt wird.

Was man ebenfalls oft hört, ist dass transsexuelle Menschen Geschlechtsrollen (also Gender) Stärken statt Schwächen.

Da wird transsexuellen Menschen eine ganz schöne Bürde auferlegt. Die deutschen Standarts of Care z.B. verlangen ein eindeutiges Auftreten in der Zielgeschlechterrolle und die Gatekeeper achten auch sehr darauf. Also von meinem Ferrari sollte ich einem solchen lieber nichts erzählen ;-)

Auf der anderen Seite wirft es aber auch ein interessantes Licht auf die Leute, die das Sagen (hier zum Beispiel Holly im 42. Kommentar zu diesem Blogbeitrag):

...how many more people are getting the “why is it fair to single trans people out for criticism on these grounds when we don’t even think about everyone else doing the same things.” It might also be good to ask why this does happen; maybe the answer is because trans people’s existence brings the subject up when otherwise it would remain relatively invisible. If that is not an important step in challenging gendered expectations, I would be surprised. All the more shame that trans people get punished for causing the problem with gendered behavior to be noticed in the first place, whether or not they are committed to playing a gendered role — which of course not all trans people are

... wie immer mehr Leute das "Warum ist es fair ausschliesslich Transmenschen auf Grund dessen kritisieren, während wir nicht einmal darüber Nachdenken das Jeder von uns die gleichen Dinge tut." Es wäre auch gut zu Fragen warum das massiert. Es könnte sein das die Antwort ist: Weil die Existenz von Transmenschen das Thema heraufbeschwört während es sonst relativ unsichtbar ist. Wenn das nicht ein wichtiger Schritt darin ist, Geschlechtserwartungen herauszufordern, wäre ich überrascht. So ist es eine noch grössere Schande das Transmenschen in erster Linie dafür bestraft werden, das Problem des geschlechtsspeziefischen Verhaltens aufzuzeigen, ob sie nun überhaupt eine Geschlechtsrolle spielen oder nicht - was natürlich nicht alle Transmenschen tun.

In der Hinsicht auch nicht unpassend dass entsprechende Argument das einzige Mal, dass ich es im deutschsprachigen Raum gehört habe, ausgerechnet von "Feminin Lesbians" kam - also Frauen die sich ganz bewusst für eine besonders feminine Frauenrolle entschieden haben - so etwas nennt man Projektion.

Tatsächlich versuchen viele transsexuelle (und tg) Menschen, etwas zum Feminismus beizutragen, was nicht zuletzt daran liegt dass sie Gender tatsächlich von zwei Seiten erlebt haben, aber durch die immanente Gehässigkeit geben viele auf. Emily, die hier auch schon Kommentiert hat, hatte etwas ähnliches angekündigt und tatsächlich ist ihr Blog nun nicht mehr erreichbar und Bird of Paradox, die ein fantastisches Blog hat, will nun mindestens für einige Zeit zurücktreten.

Es ist schade, das die Gender-Theorien so dogmatisch sind, das sie keinen Platz mehr für die Realitäten lassen, denn sie haben definitv viel für die Gleichberechtigung bewirkt - aber hier wird Philosophie zum Glauben und in Bezug auf Transsexuelle geht der Feminismus eins zu eins im Gleichschritt mit ihrem grössten Feind, den konservativen Gruppierungen, die Transsexualität verneinen, weil es nur Mann und Frau gibt.