Sonntag, 18. Januar 2009

Journalistischer Tiefpunkt bei 20min.ch

Während die meiste Presse, wenn es um Lorielle London geht, ziemlich sekundär mit dem Thema ihrer Transsexualität geht, die zur Zeit in der Läster-Show "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" konnten es die Bild und Blick (mehr oder weniger die schweizer Variante der Bild) bislang nicht lassen, darauf herum zu hacken. Am schlimmsten Bislang fand ich aber einen kurzen Artikel bei 20min.ch:

Während der Titel noch relativ unverfänglich ist ( "Lorielle wollte schon als Kind Mädchen sein." ), strotz der Artikel nur von Missinformation. Erstens wird von Lorielle konsequent als Er geredet, dann wird ein Erlebnis aus Ihrer Kindheit zitiert, wo sie als Mädchen auftrat (was sie ja letztlich auch schon immer war) und dafür hart bestraft wurde.

Der Schlusssatz lautet:
"Heute lebt Lory seine Passion ungestraft aus - seinen Penis will er sich nach dem Camp gleich als erstes wegmachen lassen"

Transssexualität als Passion? Der Journalist hat also noch nie etwas davon gehört, dass dies eine medizinische Kondition ist, nein, er stellt es auch noch durch puren Satzbau so dar, dass es etwas wäre, das bestraft werden sollte. Und SIE will sich den Penis sicher nicht einfach wegmachen (ergo amputieren) lassen. Bei jeder Variante der geschlechtsangleichenden Operation wird wird so viel wie möglich vorhandenes Material verwendet. Entfernt werden vor allem die Hoden. Das ganze ist eine Transformation, keine Amputation.

Das solche fehlinformierenden Berichte aufkommen, ist fast unvermeidlich, wenn eine Transsexuelle so öffentlich Auftritt, wie Lorielle.

Leider zieht sie sich deswegen den Unmut vieler Transsexueller zu. Anstatt sich über die Medien und darüber aufzuregen, was sie überhaupt dazu ermutigt so etwas zu schreiben (das naturaltistische, binäre Geschlechtermodell ).

Für mich ist jede Transexuelle und gerade Lorielle eher eine Bereicherung. Gerade hier in der Schweiz wird über Transsexuelle nur gemutmasst, sie würden für immer Leiden, weil die zwei bekanntesten Geschichten die von Coco und Nadja Brönimann, beide litten aus sehr unterschiedlichen Gründen, was dann einen Journalisten sogar noch dazu bewegte, eine 80% Selbstmordrate für postoperative Transsexuelle zu erfinden.

Da ist es geradezu herzerfrischend, die lebenslustige Lorielle, die in der Schow gleich als erste einen eisernen Willen bewiess, in der Öffentlichkeit zu sehen.

Nachtrag: Blick lässt es sich nicht nehmen dieses depressive Image von transsexuellen Frauen in der Schweiz zu verwerten: Lorielle ist psychisch labil . Zitiert (nicht in der Überschrift) wird die überlebende, vorzeigeleidende Nadja Brönimann, deren Aussagen wahrscheinlich von den Reportern entsprechend aus dem Zusammenhang gerissen wurden.